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Buch: Beyond Civilization. Humanity’s Next Great Adventure. Daniel Quinn

Screen Shot 2015-10-07 at 09.58.38Nach seiner Trilogie (Ishmael, My Ishmael, The Story of B.) legt Daniel Quinn mit seinem Büchlein „Beyond Civilization“ (noch mal) klar, wo das grundsätzliche Problem unserer Zivilisation liegt, und vor allen Dingen, wie eine Veränderung statt finden könnte, und wohin diese sich entwickeln könnte. Interessant ist der Ansatz auf jeder Seite eine deutliche, klare Überschrift zu haben, die dann in den folgenden Absätzen geklärt und behandelt wird. Leben als Stamm, flache Hierarchien, Visionen statt Programme, zusammen arbeiten, usf…. Zwar gibt auch dieses Werk keine wirkliche Antwort den Suchenden, die sich ein Bild davon machen wollen, wie die Zukunft aussehen könnte. Aber wie schreibt er doch: Da wir eine andere Vision brauchen um zukünftig besser leben zu können, sind es nicht jene mit den alten Visionen, die die Zukunft voraussagen können. Täten wir es, wäre dort keine neue Vision. Mit den alten Visionen, können wir auch nur alte Bilder in die Zukunft projizieren. Mit neuen Visionen wird die Zukunft so anders sein, dass wir uns dies – mit unseren alten Visionen – nicht hätten ausmalen können.

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Lesenswerte Artikel

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Erneuerbare Energien: Windräder nehmen sich gegenseitig den Wind aus den Rotorblättern. Sie liefern den größten Anteil erneuerbarer Energie: Windparks. Doch die Technologie stößt schneller an ihre Grenzen als bislang gehofft – stehen Windräder nah beieinander, bremsen sie sich gegenseitig aus.

Klimaschutz-Zertifikate: Die Gelddruckmaschine. Der Zertifikate-Handel war mal eine gute Idee: Das Klima sollte davon profitieren. Doch tatsächlich bereicherten sich oft nur Geschäftemacher. Eine Studie zeigt, wie dreist bei internationalen Klimaschutzprojekten getrickst wurde.

Ozeane: Weltweit verlieren Korallen ihre Farben. Erhöhte Wassertemperaturen setzen den Korallen weltweit zu: Aus farbenprächtigen Riffen wird eine blasse Ödnis. Die Fische bleiben fern, und auch der Mensch könnte die Folgen des Korallensterbens zu spüren bekommen.

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Buch: Der Regenwurm ist immer der Gärtner. Amy Stewart

Screen Shot 2015-11-09 at 12.11.38So langsam dämmert es uns: Der Regenwurm ist ein bedeutendes Tier. Was wäre die Pflanzenwelt ohne ihn? (Die Frage kann weder ich noch das Buch so genau beantworten…) Schon Charles Darwin erkannte den Wert dieser kleinen Lebewesen, die eine schier unglaubliche Arbeit erledigen – das Umgraben des Bodens. Darwin widmete einen grossen Teil seiner Zeit in seinen letzten Jahre dem Gemeinen Regenwurm, dem unscheinbaren aber eben so arbeitssamen Tier. Er errechnete schon damals wie viel Boden diese Tiere versetzen – und erkannte, was es heissen würde, wenn die kleinen Viecher nicht mehr im Boden wären. Etwas, was dank industrieller Landwirtschaft mittlerweile weitflächig zur Realität geworden ist. In ihrem Buch „Der Regenwurm ist immer der Gärtner“ schildert Amy Stewart, begeisterte Gärtnerin, von ihrer Entdeckungsreise. Irgendwo zwischen Roman, Dokumentation und Wissenschaft gelegen, erzählt sie frohgemut was sie so alles über die Tiere erfahren hat. Immer wieder sehr interessant, was man da so alles über die Tiere lernen kann. So z.B. auch dass der Gemeine (Europäische) Regenwurm in den USA nun eben nicht heimisch ist, dort aber in manchen Wäldern (Sequoia z.B.) ein ziemliches Chaos angerichtet hat, weil nämlich keine Bäumchen mehr nachwachsen können, weil das organische Material in Magen der Tiere und tieferen Bodenschichten verschwindet. Uff!

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Präsentation: The Hidden Beauty of Pollination. Louie Schwartzberg

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Kleine Präsentation von Louie Schwartzberg, welches den Augenmerk auf das Wunder der Bestäubung legt. Eindrucksvolle, wunderbare Aufnahmen in Zeitlupentempo zeigen wie Kolibris, Fledermäuse und Insekten den leckeren Blütennektar trinken, sich mit Pollen bestäuben, und damit zur Weiterverbreitung der Pflanzen beitragen. Das Bewusstsein entwickeln, nochmal genau hingucken ins Alltägliche, diese unglaublichen Entwicklungen wahrnehmen, (nach)spüren – das gelingt dem Filmemacher immer wieder (hier und hier z.B. auch).

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Buch: Ismaels Geheimnis. Daniel Quinn

Screen Shot 2015-11-07 at 20.48.59Das dritte Buch in seiner Trilogie. Ähnlich aufgebaut wie sein erstes Buch Ismael, findet hier der Wissenstransfer über den Gorilla Ismael statt, diesmal an eine Jugendliche. Spielt keine grosse Rolle, wer da zuhört und versucht was zu verstehen. Was Daniel Quinn da wieder zusammen gestellt in seinem Buch „Ismaels Geheimnis“ hat ist für Leser seines ersten Buches teilweise Wiederholung, insgesamt aber umfassender, von den Themen die er behandelt deutlich erweitert. Einige Aspekte sind vertiefend dargestellt, und auch wird die Möglichkeit von Lösungsansätzen deutlicher heraus gestellt. Ein Buch, welches noch einmal deutlich macht welche Veränderungen durch die Entwicklung der Landwirtschaft innerhalb kürzester Zeit in der Gesellschaft statt gefunden haben, und welche Auswirkungen diese (seitdem) haben. Klar, 2 Millionen Jahre Leben in Stammeskultur kann in einem so kurzen Zeithorizont wie 10.000 Jahre nicht so einfach über den Haufen geworfen werden; bzw., da dies geschehen ist, sind die Auswirkungen ziemlich gravierend. Und „die“ Lösung dann eben doch wieder der Weg zu einem Arbeiten und Zusammenleben, Zusammenwirken in kleineren Gruppen, die in ihrer „Dienstleistungen“ an das Leben in Stämmen anschliessen. Sehr, sehr interessante, eigentlich besser: umwerfende, und irgendwie echt überzeugende Thesen, die Daniel Quinn über viele Jahre gesammelt hat. Danke!!

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Zum Klima-Gipfel. Interessante Artikel

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Hat eigentlich jemand mal errechnet wie viel CO2 in die Luft gepustet wird, damit sich alle Regierungschef mit grossem Anhang, sowie die ganzen NGOs in Paris treffen können? Bei dieser Konferenz, wo wir vorher schon wissen, dass nicht viel bei heraus kommt? Ich persönlich habe da jegliche Hoffnung verloren, dass die Staatschefs zu guten Ergebnissen kommen werden – auch weil letzten Endes die Menschen dahinter (also: wir) unseren Lebensstil kaum ändern wollen. Das verlängerte Wochenende mal nach Barcelona, die lange Wintersaison auf Malta unterbrechen, ein neues (Benzin-sparendes oder sogar noch besser: Elektro-) Auto, ein neues Handy jedes Jahr, usw….. Wie soll da CO2 eingespart werden?

Jedenfalls, passend zum Gipfel, ein paar Verweise auf interessante Artikel.

Klimagipfel in Paris: Der Sinn des Irrsinns: Der Klimagipfel von Paris wird die Welt nicht retten. Es wird hier keinen Vertrag geben, der das Problem der Erderwärmung löst. Und trotzdem braucht es dieses Treffen.

Klimawandel: Wie ich einen Tag lang CO2 sparte: Zwei Wochen lang verhandeln Diplomaten auf dem Uno-Gipfel in Paris um die Klimazukunft der Erde. Die Autorin Carolin Wahnbaeck hat einen Tag lang mit sich selbst gerungen, um ihre CO 2 -Bilanz zu verbessern. Am Ende wurde es grundsätzlich.
„Ein Flug – und fast alle anderen CO2-Einsparungen im Alltag verblassen dagegen“, sagt Michael Bilharz, Experte für den CO2-Rechner vom Umweltbundesamt. Zwar seien kleine Maßnahmen wie die ausgeschaltete Kaffeemaschine oder das einmal stehen gelassene Auto sicher sinnvoll. „Was aber wirklich zählt, sind die Grundsatzentscheidungen rund um die Themen Verkehr, Heizung, Fleischkonsum und Haushaltsgroßgeräte“, sagt Bilharz.

Kapitalismus-Kritik: „Nur arme Staaten sollten wachsen“:
Flüchtlinge, Klimawandel, Bankenbeben – die großen Krisen hängen eng zusammen, sagt der Nachhaltigkeitsforscher Reinhard Loske. Er prophezeit das Ende der weltweiten Wachstumspolitik und fordert eine radikale Reform des Kapitalismus.

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Doku: Der Bauer und sein Prinz

Screen Shot 2015-11-15 at 09.26.22wtmkDie Doku Der Bauer und sein Prinz“ lief in so manchem Kino; jetzt gibt’s sie auch als DVD. Es heisst, dass sie in England nicht ausgestrahlt werden durfte. Ja, es gibt ein paar Sätze von Prinz Charles, die durchaus aus systemkritisch zu verstehen sind. Mit wenigen, klaren Worten stellt er die industrielle Landwirtschaft und die Art und Weise wie „die Wirtschaft“ zur Ausbeutung der natürlichen Ressourcen beiträgt, in Frage. Na, eigentlich nicht in Frage, sondern will sie, in dieser Form, abschaffen. Die Doku zeigt v.a. seinen Landwirt in vielen kleinen Gesprächen, der fast schon vom Saulus zum Paulus wurde. Vor ~30 Jahren eingestellt, nicht wissend was ökologische Landwirtschaft ist, hin zu einem grossen Vorzeige-Landgut. Einige interessante Aspekte drinne – der Umgang mit dem Boden, mit den Tieren. Die Suche nach Alternativen, Versuche mit Pflügen, mit minimaler Bodenbearbeitung, mit verschiedensten Getreidesorten statt nur einer auf dem Felde. Klar ist, da geht einer den Weg voran.

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Buch: The Story of B. Daniel Quinn

Screen Shot 2015-11-04 at 12.12.38Dieses Buch ist das zweite in der Serie von Daniel Quinn über „Takers“ und „Leavers“, über jene die sich, mit ihrer Art der Nahrungsmittelproduktion und ihrer Kultur weltweit durch gesetzt haben, und jenen, in enger Verbindung mit der Natur lebend, die zum grössten Teil assimiliert, verdrängt und getötet wurden. Also, jenen die Landwirtschaft (nach Daniel Quinn „Totalitäre Landwirtschaft“) betreiben, und jenen die als Jäger und Sammler leben. Was in seinem ersten Werk („Ishmael“) noch kurz und knapp (aber klar und bedeutungsvoll) beschrieben wurde, hat Daniel Quinn nun in einen spannenden Roman gepackt, und ziemlich gut ausgebaut. Absolut lesenswert.

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Lesenswerte Artikel

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Umweltverschmutzung: Zwei Drittel der Seevögel haben Plastikmüll im Magen. Forscher schlagen Alarm: Die meisten Seevögel haben bereits jetzt Plastikreste im Magen. Im Jahr 2050 könnten bis zu 95 Prozent aller Tiere betroffen sein. Die Wissenschaftler fordern eine bessere Müllentsorgung.

Rom versus Brüssel: Der Käsekrieg. Italien boykottiert eine Vorgabe der EU, die Käseherstellung auch aus Milchpulver zulässt. Der Kampf um die Reinheit von Pecorino und Parmigiano dürfte letztlich vergeblich sein – und trifft dann auch Deutschland.

Mais-Anbau: Fledermäuse retten eine Milliarde US-Dollar jährlich. Fledermäuse sind großartige Schädlingsbekämpfer. Wie wertvoll ihre Dienste sind, haben Forscher nun herausgefunden: Wenn man die Tiere engmaschig von Maisfeldern fernhält, fallen die Ernteverluste überraschend hoch aus.

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Vor-Symposium „Zukunftsfähige Landwirtschaft”

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“Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr” – so betitelte Felix zu Löwenstein sein Buch “Food Crash”. Klar ist, dass die derzeitigen Anbaumethoden in der Landwirtschaft eher zerstörerischer Art sind (“destructive”), dass dies von vielen Menschen erkannt wird uns sie sich hin zu einer nachhaltigen (“sustainable”) Landwirtschaft bewegen. Jedoch, nachhaltig, im Sinne von “to sustain – bewahren”, wird nicht reichen. Wir haben über die letzten Jahrzehnte und durchaus auch Jahrhunderte viele der natürlichen Ressourcen, welche wir für ein gutes Leben (und gar unser Überleben) benötigen, in einem hohen Masse aus- und übernutzt, geschädigt und ausgebeutet. Was wir brauchen, ist eine wieder-aufbauende (“restorative”) Landwirtschaft, welche nicht nur Nahrung für den Menschen produziert, sondern die in der Natur vorhandenen Ressourcen wieder auffüllt, die Böden verbessert, Wasser zurück hält, Tieren Lebensraum bietet und viel mehr.

Am Tempelhof ist uns diese “zukunftsfähige Landwirtschaft” ein sehr wichtiges Anliegen. Wie wir unsere Anbaumethoden im Kleinen und Grossen ändern oder anpassen müssen, um dieses hohe Ziel zu erreichen, ist ein beständiges In-Frage-Stellen, Forschen, Diskutieren, über-unseren-Tellerrand-hinaus-Blicken. Mit unseren 20 Hektar landwirtschaftlicher und gärtnerischer Fläche und unseren (bald) vier Gewächshäusern, unseren Ziegen, Hühnern und Schweinen, und einem CSA-Ansatz welcher von den Mitgliedern der Lebensgemeinschaft getragen wird, sind wir ein wirklich kleiner und feiner „Hoforganismus”. Dabei versuchen wir eben laufend unsere Praktiken (zum Wohle der Natur, wie auch der Nutzpflanzen und Nutztiere und des Menschens) zu verändern und verbessern.

Die Frage, wie kann Landwirtschaft und Gärtnereibetrieb zukunftsfähig (ökonomisch, ökologisch, sozial) umgestaltet werden, möchten wir zu einem zentralen Thema unseres Betriebes machen. Und wir möchten an Lösungsmöglichkeiten gemeinsam mit anderen interessierten Menschen forschen. Deswegen wollen wir eine Art Symposium entwickeln, wo wir uns mit Gleich- und auch Andersgesinnten treffen, austauschen, Methoden präsentieren, von (gelungenen und misslungen) Versuchen erfahren, Praktisches zum Thema Boden, Mulchen, Mischsaaten, Permakultur machen, usw.

Vom 29.1.-31.1.2016 möchten wir anfangen, mit einigen Landwirten, Gärtnern, Permakultur-Designern und anderen Erfahrenen, einen solchen, jährlichen Austausch mit zu denken, zu entwickeln, zu initiieren. Zum einen durch einen ersten, wirklichen, fachlichen Austausch über die (praktischen) Themen, die uns bewegen; und zum anderen mit einem Ausbaldowern eines Ansatzes für diese Art des Treffens, welche sich in Zukunft etablieren könnte.

Dieses Vor-Symposium wollen wir erst einmal im Kleinen gestalten, weswegen die Teilnahme daran nur an bestimmte Menschen geht, mit denen wir in den letzten Jahren schon zusammen gearbeitet haben oder die schon Interesse bekundet haben. Habt ihr Erfahrung? Seid ihr interessiert? Dann meldet euch und wir können drüber reden. Ansonsten dann hoffentlich – offen und alle Interessierte willkommen heissend – im Jahr danach, 2017.

Viele Grüsse von Maya, Sebastian, Stefan und Urs (Gärtnerei, Landwirtschaft, Permakultur der Lebensgemeinschaft Schloss Tempelhof)

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Lesenswerte Artikel

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Meeresforschung: Plastikmüll hat die Arktis erreicht. Eigentlich wollten die Polarforscher Meeressäuger und Seevögel beobachten – doch dann zählten sie auch Müll. Selbst im hohen Norden treibt Kunststoffschrott im Wasser und wird zur Gefahr für die dort lebenden Arten.

Umweltkatastrophe in Indonesien: Ein Land ringt nach Luft. Brandrodung und Dürre haben in Indonesien eine Klimakatastrophe ausgelöst, die globale Auswirkungen haben könnte. Millionen Menschen leiden unter beißendem Smog, auch seltene Wildtiere wie der Orang-Utan sind bedroht.

Klima: China stößt weitaus mehr Kohlendioxid aus als bekannt. Chinas riesiger Treibhausgas-Ausstoß bestimmt wesentlich, wie stark sich das Klima erwärmen wird. Jetzt wird bekannt: Die CO2-Emissionen liegen um ein Sechstel höher als angegeben.

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Verlieren wir den Boden unter den Füßen?

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Urs Mauk, studierter Landwirt am Tempelhof und Stefan Schwarzer, passionierter Permakulturist und Genosse in der Gemeinschaft Schloss Tempelhof, erlauben uns einen kritischen und sorgenvollen Einblick in die Welt unseres Ackerbodens, der Landwirtschaft und unseres Klimas. Unser zufällig entstandenes Gespräch reißt viele Themen an und gibt Denkanstöße, die wir euch nicht vorenthalten wollten. Wir haben beschlossen, daraus eine Informationsreihe zu landwirtschaftlichen Themen wachsen zu lassen. In den kommenden Newslettern möchten wir vertieft auf einzelne Gesprächsbausteine eingehen. Hier ist der Anfang gemacht…

Stefanie: Hallo Stef, hallo Urs, gerade gingen wir über unsere Wiese, die nun eher einer Grabenlandschaft gleicht. Haben wir es nach dieser Dürre in diesem Sommer mit einer Verwüstung unserer Böden zu tun?

Stef: Dieses Jahr 2015 war (und ist noch) ein extrem trockenes und warmes Jahr, das sich mit ziemlicher Sicherheit unter die Top 3 der heißesten Jahre seit Beginn der Messungen einreihen wird. Aber was verstehen wir eigentlich unter Dürre? Noch haben wir in unserer Region, zumindest im Winter, ausreichend Niederschlag, um die Grundwasserspeicher wieder aufzufüllen. Die Pflanzen verdorren kaum. Sie wachsen nur nicht, es grünt bei uns immer wieder. Jedoch werden die saisonale Verteilung des Niederschlages und unser Umgang mit diesem für uns zu einem wichtigen Thema werden. Wir müssen klimatische Extreme, wie Trockenheit und heftige Regenfälle, vermehrt abpuffern und unsere Resilienz vor allem in Bezug auf Wasserknappheit erhöhen. Was wir in dieser zerfurchten Wiese zunächst sehen, ist die Verklumpung des Bodens – der bei uns sehr tonig und lehmig ist – durch den natürlichen Vorgang des Austrocknens. Der Boden zieht sich zusammen, es entstehen hier bis zu 50cm tiefe Gräben. Ein Problem ist, dass unter diesen Umständen Pflanzenwurzeln in den harten Klumpen kaum mehr durchdringen können. Da kommt das Leben dann erst einmal zum Stillstand. Erst wenn es mal wieder über mehrere Tage regnet, werden sich die Gräben schließen.

Urs: Unsere Landwirtschaft am Tempelhof macht sich seit Längerem Gedanken zur Wasserverfügbarkeit und Aufbau und Verbesserung unseres Bodens. Bevor wir hierher zogen, wurde auf den Böden jahrzehntelang Monokultur betrieben mit einem wenig abwechslungsreichen Bewuchs. Nun zeigt der sehr tonige Boden deutliche Defizite, z.B. in seiner chemischen Zusammensetzung, seiner Struktur und Wasserstabilität und vor allem in der Quantität des Humus bzw. der organischen Masse. Im Moment erodiert er leicht durch Wind und den Abfluss des Oberflächenwassers aufgrund der intensiven Bearbeitung und seiner geringen Bedeckung. Die heute üblichen Praktiken der konventionellen aber auch biologischen Landwirtschaft greifen sehr stark in den Boden ein, wodurch seine Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, leidet. Sichtbar war dies beim letzten Regen – der kleine Bach, der durch unser Grundstück fließt, war braun. Ein warnendes Zeichen für ausgespülte Bodenteilchen und Mineralien.

Stefanie: Die natürliche Fruchtbarkeit der Böden in Europa ist gesunken. Hochleistungssaatgut, Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel, Monokultur und intensive Bewässerung haben maßgeblich dazu beigetragen. Können wir diese Belastungen wieder ausgleichen?

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Der Boden platzt auf…

Urs: Der Boden ist die Basis unserer Lebensmittelproduktion, er filtert Regenwasser, reguliert das Klima, ist Heimat unzähliger Lebewesen und ein riesiger Kohlenstoffspeicher. Im Moment beklagen wir seine zum großen Teil schon weit fortgeschrittene Degradierung. Als Folge nimmt seine Fähigkeit, produktiv zu sein, stark ab. Der Schlüssel für eine gute Bodenstruktur und gesundes Pflanzenwachstum ist die Anzahl und Vielfalt der Organismen, die im Boden leben. Um ihre Lebensbedingungen zu verbessern, bedarf es vielfältiger Maßnahmen. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir dafür sorgen, dass möglichst immer eine lebende Wurzel im Boden wächst und sich der Humusanteil deutlich erhöht, was wiederum die Wasserspeicherfähigkeit vergrößert. Auch hilft der Einsatz von tief wurzelnden Pflanzen beim Bodenaufbau.

Stefanie: Der Verlust der Artenvielfalt ist ein grundsätzliches Problem der Landwirtschaft. Wasser als Lebensgrundlage für die Tiere und Pflanzen habt ihr schon angesprochen. Wie kann die Landwirtschaft hier am Tempelhof unterstützen?

Stef: Bezüglich des Wassers sollten wir uns Gedanken zum aktiven Wassermanagement machen, z.B. direkt im Haus durch Regenwasserrückhaltemöglichkeiten wie Zisternen für die Toilettenspülung. Außerdem müssen wir unseren Lebensraum, die Zusammenhänge zwischen Erde, Wasser, Wind und Wärme, holistisch, also ganzheitlich sehen. Bezüglich des Bodens hier am Tempelhof sind verschiedene Aktionen denkbar. Als gutes Beispiel dienen Hecken. Sie verringern, als Windstopper eingesetzt, die Verdunstung des Bodens, liefern Brenn- und Nutzholz, dienen als Brutplatz, sind Lebensraum, bieten Blüten, Früchte und Samen als Futter für die Tierwelt und tragen dadurch zur Belebung der Landschaft bei. Auch die Nutzung von Quellen, das Sammeln von ablaufendem Wasser – statt es direkt in die Kanalisation oder in den nächsten Bach zu führen – in Gräben und in Form von Teichen gehören in ein solches Gesamtbild. Sie erfüllen die Grundbedingungen der Permakultur: Sie speichern Energie (das Wasser), verändern positiv das Mikroklima, bilden Biotope, die auch für die Landwirtschaft von Vorteil sind. Das Wasser kann langsam in den Boden einsickern, es kann zur Bewässerung genutzt werden und sie erhöhen den Freizeitwert der Region für den Menschen.

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Permalandwirtschaft – mit Mulchhaltung und Arbeit im Team

Stefanie: Wie sehen unsere konkreten Maßnahmen zur Bodenerhaltung und -gesundung aus?

Urs: Wir Landwirte hier haben verschiedene Ziele. Zunächst wollen wir eine bessere Bodenstruktur und Steigerung des Humusgehaltes, der im Acker bei lediglich 1-4% liegt. Bewirtschafteter Boden enthält im Allgemeinen weniger organische Substanzen als Erde mit „natürlicher“ Vegetation. Erhöht man beispielsweise den Humusgehalt um einen Prozentpunkt, kann der Boden hier 16l/qm mehr Wasser speichern. Will man dies erreichen, sind strukturierende Maßnahmen denkbar wie Gräben und Dämme (Swales), Terrassen und Schwellen. Jedoch viel wichtiger ist es, den Boden so zu nutzen, dass er in der Lage ist, Humus aufzubauen. Dazu gibt es verschieden Werkzeuge, wie z.B. bodenschonende Bewirtschaftung, pfluglos oder mit Direktsaat, und ganz besonders der Misch- und Zwischenfruchtbau. Im Grünland wäre eine Tiefenlockerung und ein „Holistic Planet Grazing“ denkbar. Mulch- und Kompostwirtschaft mit Hackschnitzel, Grünschnitt und Bioabfällen kann langfristig ebenfalls zur Regeneration und Belebung der Böden beitragen.

Stef: Um auf lange Sicht den überdauernden Bewuchs zu sichern, haben wir den Getreideanbau zurückgefahren und konzentrieren uns auf Gründüngung und Zwischenfruchtbau. So stellen wir sicher, dass immer Pflanzen in einer optimalen Mischung wachsen, die den Boden mit z.B. Stickstoff und Phosphor nähren, Strukturschäden aufbrechen, das Bodenleben ernähren und für eine abwechslungsreiche Durchwurzelung sorgen.

Stefanie: Die Biolandwirtschaft verzichtet auf Mineraldünger. Wie machen wir das?

Stef: Ist das Bodenleben arm oder aus dem Gleichgewicht und der Humusgehalt des Boden gering, geraten Nährstoffe, vor allem der Stickstoff, in das Grundwasser und stehen den Pflanzen nicht mehr zur Verfügung. Der Mineraldünger versorgt zwar die Pflanze, übergeht aber die Organismen des Bodens, so dass diese absterben. Der Boden wird „unbelebt“. Die Folgen sind Pflanzen, die gegen Schädlingsbefall anfälliger sind sowie eine schwindende Bodenfruchtbarkeit.

Urs: Die ökologische Landwirtschaft funktioniert entweder mit „ökologischen“ Hilfsmitteln, also Dünge-, Spritzmittel und mechanischer Unkrautbekämpfung. Da arbeiten wir in einem konventionellen System mit im Biolandbau zugelassenen Mitteln. Oder wir arbeiten mit der Natur zusammen, dann allerdings ist die Bodenbiologie der Schlüssel zum Erfolg. Unsere Aufgabe ist es, Bedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, die Vielfalt der Arten und ihre Anzahl zu steigern. Dabei wirken Hilfsmittel und Technikeinsatz oft kontraproduktiv.

Stef: Grundsätzliche stelle ich die Frage: Wie viel Raum müssen wir der Natur wieder zurückgeben, damit alle überleben können? Oder anders herum: Wie können wir die natürliche Vielfalt in unsere landwirtschaftlichen Produktionssysteme zum Wohle aller integrieren?

Stefanie: Danke, Stef und Urs, für das informative Gespräch!

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Permakultur Seminare 2016 am Schloss Tempelhof

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Kleiner Werbeblock: Im Jahr 2016 biete ich verschiedene Seminare am Schloss Tempelhof an: Drei Einführungskurse, zwei Waldgartenkurse und einen Permakultur&Landwirtschaftskurs. Die Kurse in diesem Jahr haben sehr viel Spass gemacht, das Feedback war super, wir haben einige kleinere und grössere Tätigkeiten ganz praktisch erleben und umsetzen können, die Teilnehmer haben den Tempelhof kennen gelernt. Gerade die Einführungskurse scheinen bei dem ein oder anderen lebensverändernd zu sein – genauso wie bei mir selbst ja auch. Also, einfach mal hin und rein schauen, auf meine Seminarseite. Die Links für die Anmeldungen sind noch nicht komplett. Kommen in den nächsten Wochen.

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Tempelhof Newsletter

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„Nach einem Sommer der geprägt war von Veranstaltungen, buntem Treiben und vielen Menschen, fallen nun wieder die Blätter. Der Earthship-Bau hält uns zwar immer noch im Atem, aber die Bewegung im Außen, auf unseren Plätzen und in den vielen Projekten ist ruhiger geworden – auch wenn wir uns im Innenraum gerade recht bewegt erfahren. Der Herbst bringt uns nun auch die Ruhe, um all die Eindrücke des Sommers, die neuen Verbindungen und Erlebnisse zu fassen, sie weiterzutragen und uns daran zu freuen. In diesem Sinne möchten wir dieses Mal weniger Worte und dafür viele Fotos zeigen und Euch so teilhaben lassen an unserem Gemeinschaftsleben.“

Hier geht’s zum Newsletter der Gemeinschaft Schloss Tempelhof.

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Earthship am Tempelhof, im ZDF

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Eine kurze Doku zum Earthship-Bau am Tempelhof. Michael Reynolds, der „Erfinder“, war für eine Woche zu Besuch, und arbeitete fleissig mit. Dass der Bau des Earthships in diesem Bericht unter dem Thema „Flüchtlinge“ lief, hatte vermutlich damit zu tun dass er in seiner Abendpräsentation in der Turnhalle die letzten 10 Minuten (bei Anwesenheit des ZDF Filmteams) über seine Vision sprach, mit Flüchtlingen Earthships zu bauen. Da es überall Schwierigkeiten gäbe diese Menschen unterzubringen, sie ja auch nicht wirklich arbeiten dürfen, ein Earthship viel Handarbeit brauche – so wäre das eine wunderbare Verbindung sinnvoller Arbeit, mit low-tech-Wissenstransfer welches sie später auch wieder in ihrer Heimat nutzen können, sofern sie zurück in ihre Länder gehen sollten, und ökologischem Nutzen.

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Da haben wir es: Die globale Erwärmung erreicht die Ein-Grad-Schwelle

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Die Weltgemeinschaft möchte die globale Erwärmung auf zwei Grad begrenzen. Neue Daten zeigen: Die Hälfte ist erreicht. 2015 dürfte die Ein-Grad-Marke knacken. Das ist zwar teils „nur“ möglich gewesen dank El Nino. Jedoch: Es gab ja nun schon früher viele El Ninos, und die 1°-Marke wurde nie überschritten. Tja, wir sind auf dem besten Wege zu Klimaveränderungen, die dramatische Auswirkungen haben werden. Das 2°C-Ziel ist, meiner Meinung nach, so gut wir komplett unrealistisch. Wer fängt denn nun wirklich an, weniger CO2 in die Luft zu blasen? Gerade erst wurde ja vorgerechnet, dass China sogar noch höhere Emissionen hat als die Zahlen die angegeben wurden. Und von einer Reduzierung sind wir in fast allen Ländern der Erde weit entfernt.

Hier der Artikel im Spiegel, hier in der englischen Quelle.

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Doku: Edge Effect – Permakultur-Doku mit-funden

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Ein interessantes Projekt, welches Permakultur-Orte, die (positiven) Veränderungen und verschiedensten Anwendungsbereiche, dokumentieren will. Wer noch ein paar Euro übrig hat und mitwirken will dabei dass sich die Permakultur weiter herumspricht – dann mal hier klicken zur WeTheTrees-Fundraising-Seite.

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Buch: Das geheime Leben der Bäume. Peter Wohlleben

Screen Shot 2015-11-04 at 11.58.55Wie leben eigentlich Bäume? Wie reagieren sie auf äussere Einflüsse, wie z.B. Insekten? Können Bäume sich miteinander verständigen, kommunizieren? Haben sie Erinnerungs- und Lernvermögen? Peter Wohlleben geht in seinem Buch „Das geheime Leben der Bäume diesen Fragen nach. In flüssigem, lockerem Schreibstil lässt er den Leser an einer wunderschönen, manchmal unglaublichen, fast komplett unbekannten Welt teilhaben. Nach dem Lesen dieses Buches wird der nächste Waldspaziergang mit Sicherheit mit einer ganz anderen Wahrnehmung unternommen und erfahren werden. Klasse Buch!

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Lesenswerte Artikel

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Eisfreie Antarktis: Die Weltuntergangsprognose. Was geschähe, würde die Menschheit alle Vorräte an Kohle, Öl und Gas verbrennen? Simulationen zeigen: Das Antarktiseis würde komplett tauen, der Meeresspiegel um mehr als 50 Meter steigen. Eine sinnvolle Prognose?

Eisschwund: Rekordsommer lässt Alpengletscher schrumpfen. Das Jahr 2015 könnte das heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnung werden, prognostizieren Geoforscher. Der diesjährige Rekordsommer macht sich auch in den Alpen bemerkbar: Die Gletscher haben viel Masse verloren.

Weltmeere: Fischbestände haben sich binnen 40 Jahren halbiert. Umweltverschmutzung, Klimawandel, Überfischung – die Folgen für den marinen Lebensraum sind dramatischer als befürchtet. Ein neuer Report des WWF zeigt: In den vergangenen 40 Jahren schrumpften die Fischbestände um über die Hälfte.

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Diesen Boden wird die Menschheit bald nicht mehr gutmachen können

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Ich habe ja schon mal über das Buch „Dreck“ geschrieben, wie beeindruckend deutlich, klar und auch irgendwie überraschend die Folgen der Landwirtschaft für den Boden und schlussendlich auch für Zivilisationen in der Welt war. Hier nun eine andere Zusammenfassung aus der FAZ.

Wenn Ackererde bloß als billiger Produktionsfaktor in Rechnung gestellt wird: David Montgomery warnt vor dem weltweit drohenden Verlust an kultivierbarem Land.
29.10.2010, von MANUELA LENZEN

Als Charles Darwin ein Buch über Regenwürmer veröffentlichte, hielten dies viele für die Schrulle eines alten Mannes. Regenwürmer galten als Schädlinge, die am besten aus dem Boden zu entfernen seien. Darwin behauptete nun, sie pflügten, produzierten neuen Humus und prägten die ganze englische Landschaft. Darwin hatte recht, und heute können wir Regenwürmer beutelweise kaufen, um den heimischen Komposthaufen zu beleben.

Mit einer anderen Schätzung war Darwin allerdings zu optimistisch: Der Boden wächst durch Gesteinsverwitterung und Regenwurmaktivität nicht zwischen 0,2 und 0,5 Zentimeter pro Jahr, es sind nur wenige Zentimeter im Jahrtausend. Boden lässt sich in für den Menschen relevanten Zeiträumen nicht ersetzen, konstatiert der amerikanische Geologe David Montgomery. Dennoch leisten wir uns eine Erosionsrate, die vierzigmal höher liegt als die natürliche Bodenerosion. Neben Klimawandel und Ressourcenknappheit komme hier eine weltweite ökologische Katastrophe auf uns zu, die, anders als die Abholzung der Wälder und die Überfischung der Meere, noch nicht ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen sei. Doch gerade weil sie nicht dramatisch, sondern schleichend daherkomme, werde sie umso verheerender ausfallen.

Weltgeschichte aus der Perspektive der Bodenerosion

Montgomery hat die Augsburger Buchreihe „Stoffgeschichten“ um eine ebenso faszinierende wie erschreckende Weltgeschichte aus der Perspektive der Bodenerosion erweitert. Die allermeisten Kulturen haben den schleichenden Bodenverlust bislang übersehen, bis es zu spät war, berichtet der Autor. Von Mesopotamien über Griechenland und Rom bis zum vom Hunger geplagten Irland des 19. Jahrhunderts und der Dust Bowl, der Staubwüste, in die amerikanische Farmer den mittleren Westen verwandelten, als sie versuchten, auf dem Prärieboden Ackerbau zu betreiben – immer wieder findet Montgomery dasselbe Muster. Die Landwirtschaft beginnt in den fruchtbaren Niederungen, die Bevölkerungsdichte steigt, die Menschen weichen auf die Hanglagen aus, roden, pflügen, und der Boden leidet. Er rutscht die Hänge hinunter – auf Haiti so stark, dass Planierraupen ihn in der Regenzeit von den Straßen schieben müssen, er wird fortgeweht oder ausgelaugt, weil es billiger ist, neues Land zu roden, als altes zu pflegen.

Optimismus wird zur Blauäugigkeit

Der Autor erkennt sogar eine welthistorische Struktur: Kulturen existieren zwischen 800 und 2000 Jahre lang – so lange, wie es durchschnittlich dauert, den fruchtbaren Boden in den gemäßigten Breiten abzutragen. Manche fruchtbaren Flusstäler stellen Ausnahmen dar, die die Regel bestätigen: In Ägypten schaffte es erst der Assuandamm, die Regenerationsfähigkeit des Bodens nachhaltig zu ruinieren.

Heute geht es allerdings nicht mehr um Auswandern und Ausweichen, denn die weltweite Anbaufläche von eineinhalb Milliarden Hektar ist nicht mehr zu steigern. Dennoch geht weiter rasant Boden verloren, durch den Klimawandel, durch Bebauung und durch die industrialisierte Landwirtschaft, für die der Boden nicht mehr ist als ein billiger Produktionsfaktor. Optimisten hoffen, dass die Wissenschaft diese Verknappung schon irgendwie ausgleichen wird, ähnlich wie es im Zuge der Grünen Revolution mit Hochleistungssorten und Stickstoffdünger gelang. Doch dieser Optimismus grenzt an Blauäugigkeit, meint Montgomery.

Zum einen können die Pflanzen nur eine bestimmte Menge Stickstoff aufnehmen, etwa die Hälfte von dem, was die Landwirte ihnen heute zuführen. Dazu kommt ein weiterer Punkt: Woher soll der Dünger kommen? Nachdem um den Vogelkot Guano schon Kolonialkriege geführt wurden und die Ausbeutung von Phosphaten paradiesische Inseln in unbewohnbare Wüste verwandelt hat, stammt der Mineraldünger heute aus Erdöl oder Erdgas. Dreißig Prozent des Erdölverbrauchs gehen auf Kosten der Landwirtschaft, so Montgomery, und die Vorräte schwinden.

Grüne Revolution wäre wieder an der Zeit

Wir müssen dringend aufhören, die Landwirtschaft als einen Wirtschaftszweig unter anderen zu betrachten, bei dem allein der Profit entscheidet, fordert Montgomery. Es sei Zeit für eine neue Grüne Revolution. Die Landwirtschaft müsse sich den Böden anpassen, nicht umgekehrt. Die Kornkammern der Erde, die Lössböden Nordamerikas, Europas und Chinas, lassen sich in großem Stil bewirtschaften, wenn man schonend vorgeht und etwa auf das Pflügen verzichtet. Der übrige, empfindlichere Boden gehört in die Hände derer, die ihn bearbeiten. Verwalter, die aus dem Boden nur Profit erwirtschaften, ohne an die Zukunft zu denken, hätten schon das alte Rom ruiniert. Dezentral, ökologisch und arbeitsintensiv müsse die Landwirtschaft werden. Nur dann bestehe wenigstens eine Chance, die wachsende Weltbevölkerung dauerhaft zu versorgen.

In Ansätzen ist dies kurioserweise auf Kuba gelungen, als das Land sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auf sich allein gestellt fand. Dünger und Spritzmittel waren nicht zu bekommen, also besannen sich die kubanischen Bauern auf traditionelle Düngemethoden und produzieren notgedrungen Bioqualität.

Ist fruchtbarer Boden in Zukunft ein Kriegsgrund?

Das reicht, wenn man auf Fleisch verzichtet, so gerade, und der Prozess des Umdenkens war nicht auf demokratische Meinungsbildung zurückzuführen. Dass er in globalem Maßstab gelingen könnte, bezweifelt der Autor. Die Alternative allerdings mag man sich gar nicht recht ausmalen. Chinas Böden sind so ausgelaugt, dass sie für die Ernährung der Bevölkerung nicht mehr ausreichen. Zurzeit hängt die Sicherheit der weltpolitischen Ordnung, so Montgomery, an der Überproduktion der amerikanischen Landwirtschaft. Was geschieht, wenn Völker erst beginnen, in großem Stil um fruchtbare Böden zu kämpfen?

Schon jetzt erwerben reiche Staaten massiv fruchtbares Land in Entwicklungsländern – was Montgomery erstaunlicherweise nicht erwähnt. Nur wenigen kleinen Kulturen ist bislang das Kunststück gelungen, ihren Boden dauerhaft fruchtbar zu halten. Montgomery analysiert ihre Wirtschaftsweise und versucht Schlüsse für die Industriestaaten zu ziehen. Der wichtigste: Behandelt den Boden nicht wie Dreck.

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