Earth Ship in Schottland

Ein neues Erdschiff/Earthship ist erbaut. In Schottland, wunderschön in die Landschaft integriert, mit Materialen wie alten Autoreifen, weggeworfenen Pflastersteinen und alten Turnhallenböden gebaut. Schöner Artikel bei der Deutschen Welle. Hier der Text:

Nach fünf Jahren Arbeit freut sich Alastair Dawson auf die Feiertage im neuen Heim. Der ökobewusste Schotte hat sich einen Traum erfüllt: ein selbstgebautes Heim aus Erde, Steinen und Autoreifen.

Felder, Wiesen, ein gurgelnder Bach, Schafe auf dem Feld – das schottische Hochland in der Nähe von Kinross ist Natur pur. Das neue Ökohaus von Alastair Dawson übersieht man da leicht. Kein Wunder: Das Gebäude ist in den Hang hinein gebaut, das begrünte gerundete Dach passt sich sanft an die hügelige Umgebung an – als wäre es ein Teil der schottischen Landschaft.

Als der Bauer Alastair Dawson vor fünf Jahren anfing, alte Eisenbahnschwellen, Pflastersteine, Fußböden aus baufälligen Gebäuden und unzählige gebrauchte Autorreifen zu sammeln, hielten ihn seine Nachbarn bestenfalls für etwas exzentrisch. Als er dann von seinen Plänen für ein Erdschiff – im Englischen ursprünglich Earthship – erzählte, waren sie mehr als skeptisch.

Erdschiffe sind völlig autarke Erdhäuser, die aus einfachen und in der jeweiligen Gegend gut verfügbaren sowie recycelten Materialien bestehen.

„Alles nur heiße Luft“, war die gängige Meinung unter Alastairs Bekannten, als die alternativen Bauarbeiten nur langsam vonstatten gingen. Jetzt hat er es geschafft. Dieses Jahr wird Alastair Weihnachten tatsächlich im neuen Erdheim feiern.

„Die Natur für die nächste Generation verwahren“

Der schottische Biobauer Alistair Dawson 
(Foto: Irene Quaile)
Alastair Dawson hat sein Erdschiff selbst gebaut

Alastair Dawson ist Biolandwirt. Da die wirtschaftliche Situation das Überleben auf dem Elternhof zunehmend schwierig macht, sucht er nach weiteren Einkommensmöglichkeiten. Der Bau von Ferienhäusern für Wanderer und naturliebende Urlauber erschien ihm eine interessante Möglichkeit. Konventionelle Häuser mitten in der schottischen Landschaft zu bauen, kam für ihn aber nicht in Frage.

„Als Bauer war ich immer sehr natur- und umweltbewusst. Wir denken sehr langfristig“, sagt er. „Das Land gehört uns nicht, wir verwahren es nur für die nächste Generation.“ Autark, nachhaltig und umweltfreundlich sollten die neuen Wohnungen sein.

Von Afrika gelernt

Unterwegs in anderen Erdteilen beobachtete der Schotte, wie unterschiedliche Völker aus den örtlich verfügbaren Materialien Behausungen bauten. „In Afrika habe ich in einem Rondavel gewohnt. Dort habe ich viel über Erdbauten gelernt“, erzählt er. Rondavel ist eine meist runde Hütte im afrikanischen Stil.

Zurück in Großbritannien machte sich Alastair auf die Suche nach der idealen Struktur für die Bedingungen in Schottland: Er las Bücher, Artikel, durchforstete das Internet und sprach mit Architekten, Handwerkern, Umweltschützern – dann entwarf er, inspiriert unter anderem von einem amerikanischen Konzept, seine eigene Version des Erdschiffs.

Das Erdschiff oder Erdhaus ist in den Hang gebaut. 
(Foto: Irene Quaile)
Gut versteckt: Vom Erdschiff sieht man nur das abgerundete Dach

„Schiff“ statt „Haus“ – der Name soll zeigen, wie Ökobauten von konventionellen Häusern abweichen. Die Grundidee ist es, örtlich verfügbare Materialien zu nutzen, sowie recycelte Elemente oder Teile alter Strukturen wiederzuverwenden. Als anderes Hauptprinzip nutzen diese Häuser die Wärme der Sonne. „Die Struktur ist nach Süden ausgerichtet, um die Sonnenstrahlung einzufangen. Die offene Glasfront ist auf der Südseite.“

Das Erdschiff ist aus Erde gebaut. „Dieses Baumaterial und die Bauweise sind uralt“, erklärt Alastair. Er verbindet gerne traditionelle Techniken mit modernem Design, fügt er hinzu.

Die Steine für die Struktur sind alle aus zweiter Hand. So benutzte der umweltbewusste Bauherr beispielsweise Kopfsteinpflastersteine, die für das neue Straßenbahnprojekt in der schottischen Hauptstadt Edinburgh herausgerissen wurden.

Bauregeln und Bürokratie

Ofen
(Foto: Irene Quaile)
Gebänderte Erdschichten wirken dekorativ, der Ofen sorgt für zusätzlichen Wohnkomfort

Das Ökohaus ausgerechnet in Großbritannien zu bauen, war eine große Herausforderung für den jungen Landwirt. Alastair hat keine Ausbildung als Architekt. Er arbeitete mit drei Bauingenieuren, bis er das Erdschiff in seiner jetzigen Form realisieren konnte. Experten, die Erfahrung mit solchen Bauweisen hatten, waren auf der Insel kaum auffindbar.

Für einen Menschen mit unorthodoxen Ideen ist es nicht leicht, Baugenehmigungen zu bekommen. Manchmal musste der Idealist einige Kompromisse eingehen. „Wir mussten doch eine Betonsäule einbauen“, gibt der Ökobauer zu. „Es ging mir wirklich gegen den Strich, aber um die Baubehörden zufrieden zu stellen, war die Struktur ganz ohne Beton nicht zu verwirklichen“.

Das Erdschiff ist in den Hang hineingebaut. Zur Dämmung dienen Strohballen und Schafswolle. Außerdem setzte Alastair alte Autoreifen ein – sie sind bei alternativen Bauprojekten inzwischen recht beliebt. So wird das wertvolle Material noch einmal verwendet, statt in der Müllverbrennungsanlage zu landen.

„Ein Haus, das einen umarmt“

Das Erdschiff wirkt freundlich und einladend. Die Form ist abgerundet. „Es soll einen sanften Eindruck machen“, erklärt der zum Architekt gewordene Bauer, während er durch die Glastür eintritt. „Man hat das Gefühl, dass einen das Haus umarmt, wenn man hereinkommt.“

Gestampfte Erdmauern – in unterschiedlichen Brauntönen gebändert – wirken warm und kunstvoll abwechslungsreich. Die lange Fensterfront und weitere Öffnungen in der Decke sorgen für viel Licht. Die Holzbalken sind von einem Bauernhof in der Nähe, der Fußboden mit bunten Einlagen lag einst in der Turnhalle einer Schule.

Der Holzboden kommt von einer ehemaligen SChulturnhalle
(Foto: Irene Quaile)
September 2012, Kinross, Schottland
Auf den Holzdielen turnten einst Schulkinder

Auf modernen Komfort muss die Familie Dawson trotzdem nicht verzichten. Ein Holzofen spendet, wenn nötig, zusätzliche Wärme. Der Strom kommt von zwei Windturbinen, die Alastair auf dem Hügel aufgebaut hat. Ein modernes Bad wird mit Wasser vom Bach in der Nähe versorgt. Und ein komplexes Wärmeaustauschsystem sorgt für ein angenehmes Raumklima und viel frische Luft.

Ein zweites Erdschiff ist in Planung; es soll an Urlauber vermietet werden. Es soll schneller entstehen, immerhin wird Alastair von den Erfahrungen beim Bau des ersten Hauses profitieren.

In der Zwischenzeit freuen sich Alastair, seine Frau Lisa und ihre beiden kleinen Kinder Mari und Sandy auf ihr traditionelles Weihnachtsessen: Truthahn von dem Biohof eines Vetters mit Gemüse aus der Umgebung. Dieses Jahr feiern sie endlich nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern sogar im eigenen Erdschiff.

Der Hausherr freut sich vor allem auf Besuch von Freunden und Verwandten. Ihnen wird er dann stolz zeigen, wie aus der „heißen Luft“ seiner Erzählungen ein ökologischer Traum entstanden ist.

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