Hochleistungssorten sind nicht »verwöhnt«

Spannend, dieses Forschungsergebnis: »Auch unter ungünstigen Bedingungen sind auf hohe Erträge gezüchtete Sorten leistungsfähiger als ältere Weizenvarianten. Das widerspricht den Erwartungen. … »Es ist ein Mythos, dass alte Sorten unter extensiven Bedingungen besonders gut abschneiden«. Das Experiment zeige den Fortschritt der Pflanzenzucht über die Zeit: Je älter die Sorte, desto geringer die Erträge, unabhängig von den äußeren Umständen.«

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Zitat: „Je älter die Sorte, desto geringer die Erträge“

Bei Weizensorten könnte dies daran liegen, dass bei der Getreidezüchtung neue Sorten nur dann vom Sortenamt zugelassen werden, wenn sie in Versuchen des Sortenamtes besser abschneiden als ältere Vergleichssorten, die schon im Anbau sind.
Außerdem ist bekannt, dass viele Erreger von Pflanzenkrankheiten wie z. B. Pilze sich im Laufe der Zeit auf eine Sorte einstellen. Das heißt, wenn eine Weizensorte über Jahrzehnte hinweg angebaut wird, entstehen durch natürliche Evolution neue Pilzstämme, welche genetisch bedingte Resistenz- und Abwehrmechanismen der Weizensorte schwächen oder ganz umgehen können.
Gegen eine Sorte, die erst vor wenigen Monaten oder Jahren in den Abbau gekommen ist, konnten sich in der Kürze der Zeit meist noch keine Erregerstämme entwickeln, die die Resistenz oder Toleranz durchbrechen. Dies kann dann später geschehen, im schlechtesten Fall schon nach wenigen Jahren.

Bei anderen Pflanzenarten sieht es zum Teil deutlich anderes aus als beim Weizen. Z. B. sind die Standard-Kulturapfelsorten im konventionellen Anbau (z. B. Braeburn, Cox Orange, Elstar, Fuji, Gala, Idared, Jonagold, Jonathan, Topaz) fast alle sehr anfällig gegen Feuerbrand. Dagegen gibt es mehrere alte Apfelsorten, die zum Teil schon seit über 100 Jahren angebaut werden, aber (bisher) resistent sind.

Ich hab mal in den Originalabstract der Forscher reingelesen. Die Varianten mit dem „geringeren“ Input waren zum einen eine Versuchsreihe mit 220kg N/ha und dem Verzicht auf Fungizide, die zweite Variante wurde mit 110kg/ha gedüngt und es wurde ebenfalls auf Fungizide verzichtet. In der Kontrolle wurden 220kg/ha N gedüngt und die komplette best Practise Palette an PSM aufgefahren(in den Tetvarianten mit dem geringeren Input wurde lediglich auf die Fungizide verzichtet, Herbizide, Insektizide und Wachstumsregulatoren wurden trotzdem angewandt). Der Vollständigkeit halber möchte ich anmerken, dass ich den abstrakt nur überflogen und nicht komplett gelesen habe, dies ist aber der geschilderte Versuchsaufbau.
Mein Fazit: hier wurde nicht wirklich unter „schwierigen“ Bedingungen für den Winterweizen getestet. Das wäre meiner Meinung nach der komplette Verzicht auf synthetische Dünger(evtl. auch auf organische, je nach Bodenzustand) und der Verzicht auf chemische PSM. Hier wurde nur gezeigt, dass neuere Sorten unter weniger starker „künstlicher“ Ernährung besser abschneiden als ältere. Interessanter wäre ja der Vergleich mit einer „natürlichen“ Ernährung (also der Versorgung der Pflanze durch ein aktives Bodenleben, welches eine Düngung unnötig macht, als Beispiel dafür kann z.B. der USamerikanische Farmer Gabe Brown gelten). Ich bin mir aber ehrlicherweise nicht sicher ob das Ergebnis dann anders wäre. Schließlich ist grüne Revolution ja auch schon ein wenig her, sodass vermutlich fast alle Sorten aus den letzten 50 Jahren(nur diese wurden ja getestet) schon auf „künstliche“ Ernährung hin selektiert sind. Ich hoffe ich konnte einige Anregungen bieten.

Super, danke für das genauer reinschauen. Ja, immer wieder wichtig, in die Details zu schauen und damit das Ergebnis im Zusammenhang zu sehen.

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