Buch: Der lange Atem der Bäume: Wie Bäume lernen, mit dem Klimawandel umzugehen. Peter Wohlleben

Peter Wohlleben ist ja mittlerweile allen ein Begriff geworden. Populär geworden durch sein Buch »Das geheime Leben der Bäume«, gefolgt dann von einigen anderen Büchern, in Talkshows usw. unterwegs, hat er viel dazu beigetragen, dass spannende Zusammenhänge in der Natur – v.a. im Wald – fast jedem zugänglich gemacht worden sind. Sein neues Buch »Der lange Atem der Bäume: Wie Bäume lernen, mit dem Klimawandel umzugehen« (Amazon, Buch7) geht diesen Weg weiter: Unterhaltsam, informativ, persönlich beschreibt er wie Bäume Informationen über die Umgebung speichern und weiter geben, mit welchen Tricks sie sich an die Umgebung anpassen, wie eng sie mit anderen Organismen in Kontakt und im Austausch sind, und welche Möglichkeiten der Wald hat, mit dem Klimawandel umzugehen und welches Potential er bietet, dem Klimawandel abzumildern.
Sehr schön zu lesen, mit vielen interessanten Quellen. Manchen Punkte klingen in meinen Ohren als wenn die Bäume sehr vermenschlicht werden, und dass der Wald quasi nicht mehr als Holzlieferant genutzt werden soll, weil er je mehr CO2 speichern kann, je älter er ist, erscheint mir etwas zu einseitig.

PS: Das Buch habe ich als Rezensionsexemplar erhalten.

2 comments

Zitat: „Manchen Punkte klingen in meinen Ohren als wenn die Bäume sehr vermenschlicht werden“

Peter Wohlleben vermenschlicht Bäume nicht, er nutzt eine allgemeinverständliche Sprache oder nutzt Vergleiche, z. B. „Bäume sprechen miteinander“.
Klar könnte man das auch in wissenschaftlicher Fachsprache formulieren, z. B. so: „Untersuchungen vom Müller et al. 2018 [1] haben gezeigt, dass Abies alba, Fagus sylvatica und Quercus robur, wenn ihre Blätter durch die herbivoren Insekten-Arten … wissenschaftliche Namen dieser Schädlinge … befallen werden, die chemischen Substanzen …chemische Namen nach IUPAC… über die Stomata an die Luft abgeben oder über die Wurzeln an die Mykorrhiza-Pilzarten …wissenschaftliche Namen der Pilz-Arten… abgeben. Diese chemischen Substanzen …chemische Namen … werden von entfernt stehenden Bäumen der Arten Abies alba, Fagus sylvatica und Quercus robur über Stomata bzw. über Wurzeln aufgenommen und führen in den Blättern in den Parenchym-Zellen über die …-Signalwege zu einer Erhöhung der Genexpression von … Namen der Gene…, was dazu führt, dass diese Bäume z. B. mehr der Abwehrstoffe …chemische Namen… gegen herbivore Insekten bzw. mehr Lockstoffe …chemische Namen … für die Prädatoren bzw. die Parasitoide (…wissenschaftliche Artnamen) dieser herbivoren Insekten produzieren.“
Aber das wäre für die allermeisten Buchleser*innen höchstwahrscheinlich zu schwer verständlich.

Ich habe mehrere Bücher von Peter Wohlleben gelesen und dort hat er nie unwissenschaftlich geschrieben, denn seine Aussagen hat er immer mit wissenschaftlichen Fakten und Quellen belegt. Es gibt in seinen Büchern auch immer umfangreiche Quellenverzeichnisse. Wer mehr zu einem bestimmten Thema wissen will, kann in den dort angegebenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen nachlesen.

Manche Wirtschaftslobbyisten haben in den letzten Jahren versucht, Wohlleben als eine Art unwissenschaftlichen, esoterischen „Öko-Spinner“ darzustellen, was er aber natürlich nicht ist.

Zitat: „dass der Wald quasi nicht mehr als Holzlieferant genutzt werden soll, weil er je mehr CO2 speichern kann, je älter er ist, erscheint mir etwas zu einseitig.“

Fakt ist, dass ca. 98 % der Waldflächen in Deutschland durch intensive Forstwirtschaft genutzt werden. Die Nachfrage nach Holz ist in den letzten Jahrzehnten in Deutschland gestiegen, z. B. für Brennstoffe, Papier, Pappe, Möbel, Bau usw.
In den Forsten gibt es oft größere Kahlschläge, die viel CO2 freisetzen, sich stärker erwärmen und die Waldflächen schneller austrocknen lassen. Die Forstwirtschaft pflanzt auf einer Fläche oft nur eine einzige Baumart an, dazu verwendet sie Baumarten, die schnell wachsen und viel Holz produzieren sollen. Solche Reinbestände von Baumarten sind aber oft anfällig für Schädlinge, Krankheiten oder bei manchen Arten auch für Sturm (z. B. Fichten, Kiefern) bzw. für Brände (Nadelbäume). Langfristig stabiler wären naturnahe Mischwälder aus mehreren Laubbaum-Arten und in manchen Regionen auch Nadelbaum-Arten.
Damit die schweren Maschinen der intensiven Forstwirtschaft nicht im Wasser oder im Schlamm versinken, wurden leider auch viele Feuchtgebiete in den Wäldern entweder ganz zerstört oder durch Gräben entwässert. Feuchtgebiete wie Moore, Sümpfe, Seen etc. sind aber sehr wichtig für den Klimaschutz, weil sie viel CO2 langfristig binden (z. B. als Torf). Wenn Feuchtgebiete zerstört oder entwässert werden, setzen sie CO2 frei.

Ich sage ja nicht, dass Deutschlands Wälder gar nicht mehr als Holzlieferant genutzt werden sollen. Denn dann müsste ja das Holz komplett aus dem Ausland einführt werden und es würden dort noch mehr Wälder gerodet werden.
Aber Deutschland könnte ohne Probleme durchaus z. B. 30 % bis 50 % der Waldflächen unter Schutz stellen. Deutschland fordert ja auch von anderen Ländern, dass sie mehr von ihren Waldflächen schützen sollen.
Und man sollte den sehr hohen Holzverbrauch in Deutschland reduzieren. Z. B. waren früher Holzmöbel so stabil gebaut, dass sie viele Jahrzehnte lang bis teils über 100 Jahre lang hielten. Aber heutzutage dominieren Billigmöbel den Markt, welche schnell kaputtgehen.
Der sehr hohe Verbrauch an Holz für Papier u. Pappe ließe sich reduzieren, indem z. B. ungefragte Papier-Werbung verboten wird; indem Verwaltung u. Schulen mehr digital und weniger mit Papier arbeiten; indem mehr Altpapier genutzt wird (viel Küchenpapier, Klopapier usw. in den Läden ist nicht aus 100% Altpapier); indem weniger online nach Hause bestellt wird bzw. indem für Online-Bestellungen Systeme mit langlebigen Mehrwegverpackungen (statt Pappkartons) entwickelt und genutzt werden.
Und es sollte weniger mit Holz geheizt werden. Weil immer mehr mit Holz geheizt wird, ist die Luftqualität in den letzten Jahren leider schlechter geworden, aus vielen Schornsteinen von Kaminen kommt dunkler Qualm. Mitten in Wohngebieten weitab von Kohlekraftwerken, vielbefahrenen Straßen etc. werden häufig hohe Mengen an Rußpartikeln in Feinstaub-Größe gemessen. In Deutschland sterben jetzt schon jedes Jahr über 80000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung! Um immer mehr Brennholz zu gewinnen, werden immer mehr Bäume gefällt, an manchen Stellen auch illegal (am Rande meiner Stadt z. B. in einem Naturschutzgebiet).
Und man muss nicht fast jedes Wochenende grillen, so wie viele Deutsche das tun. Grillkohle wird sehr oft aus Holz hergestellt, das aus illegalem Holzeinschlag stammt, z. B. aus Urwäldern in Osteuropa oder sogar aus tropischen Wäldern.
Oder jetzt in der Vorweihnachtszeit: Manche Leute haben sogar 2 geschlagene Weihnachtsbäume, einen in der Wohnung, einen für Terrasse oder Balkon. Das muss doch nicht sein. Ein lebender Weihnachtsbaum mit Wurzelballen bleibt länger grün und kann nach Weihnachten noch als Baum weiterleben.

Danke für den Kommentar.
Nur mal als schnelle Reaktion den Hinweis auf diese Erwiderung auf einen Beitrag von Herrn Wohlleben beim Herrn Lanz, der sehr kritisch die Aussagen von Herrn Wohlleben aus Sicht eines Fortwissenschaftlers erläutert. Da geht’s um Verallgemeinerung, Nicht-Wissenschaftlichkeit, Populismus, … Fand ich schon sehr spannend, auch diese Sichtweise zu hören.

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