Kritik an Greta Thunberg, aus dem anderen Lager. Techniken des Ablenkens und Misskreditierens

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Ein guter Artikel der TAZ beleuchtet die Querschüsse aus Lobby und von Ideologen und hebt hervor wie hier Fakten verzogen, Zitate aus dem Zusammenhang und bewusst formulierte Unterstellungen in die Öffentlichkeit gebracht werden.

»Ihre Familie handelt mit CO2-Zertifikaten!« Oder »Sie befürwortet Atomkraftwerke!«. Oder »Sie ist nur eine Marionette. Das ist von langer Hand geplant, weil die Familie nun ein Buch über Greta rausbringt!«. Auweia! Wer spricht denn da aus welcher Absicht heraus?!?!

Schon interessant was passiert, wenn da eine Person oder manchmal auch ein Thema steigende Aufmerksamkeit bekommt. Da wird dann auf einmal aus »dem anderen Lager« (Menschen, die ganz andere Positionen einnehmen, aber v.a. die Lobby, die um ihre Pfründe fürchtet) gegen die Person gepoltert und verschiedenste »Fakten« veröffentlicht, die die Person persönlich und sachlich in Misskredit bringen sollen, um damit vom eigentlichen Thema abzulenken. Ein immer wiederkehrendes Muster, sei es beim Thema Tabak, beim Ozonloch, beim sauren Regen, beim Klimawandel oder auch ganz aktuell bei den Stickoxide (Stichwort »Die Lungenfachärzte«; gute Sicht drauf über »Die Anstalt«). Ein spannendes Buch dazu ist »Merchants of Doubts« – diejenigen, die dafür bezahlt werden Zweifel zu säen.

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Schon seit den 1990er Jahren kommen min. 97 % der Fachleute in der Klimatologie zu der Schlussfolgerung, dass menschliche Aktivitäten die Ursache für die globale Erwärmung sind.
Es gibt zigtausende Daten und wissenschaftliche Studien, die dies belegen.

Die Gruppe „Scientists for Future“ unterstützt die aktuellen Proteste für mehr Klimaschutz. In Deutschland, Österreich u. der Schweiz haben mehr als 23000 Fachleute aus der Wissenschaft einen entsprechenden Aufruf unterschrieben.

Leider ist es so, dass viele Medien auch einzelnen Kritikern, auch wenn deren Kritik nicht einmal mit wissenschaftlichen Fakten begründet ist, in der Berichterstattung genauso viel o. zum Teil sogar noch mehr Raum einräumen als zehntausenden Wissenschaftler*innen u. wissenschaftlichen Fakten.

Bei vielen wissenschaftlichen Laien entsteht durch diese Art von Berichterstattung das falsche Bild, dass ein größerer Anteil o. sogar die Mehrheit der Fachleute der Meinung sei, dass menschliche Aktivitäten nicht die (Haupt-)Ursache für die globale Erwärmung wären.

Egal um welches Thema es geht, als Laie kann man Zahlenangaben meist nicht nachprüfen. Wenn man Fachwissen hat, erkennt man zwar evtl. Fehler. Aber es gibt z. B. in Artikeln in Zeitungen u. auf den Webseiten von Fernsehsendern fast nie Angaben darüber, ob sich (angebliche) Fachleute, die etwas behaupten, überhaupt auf wissenschaftliche Literatur beziehen. Falls sie das tun, fehlen fast immer die Angaben zu dieser wissenschaftlichen Literatur, wo man selbst weiteres nachlesen könnte, um besser bewerten zu können, ob an den Behauptungen nun etwas dran ist oder (eher) nicht.

In den USA gibt es diesen Trend zu pseudowissenschaftlichen Studien schon länger:
Dort geben viele Wirtschaftsvertreter*innen aus Branchen, die Gewinne mit der Förderung fossiler Rohstoffe bzw. mit nicht treibhausgasneutraler Energiegewinnung machen, große Geldsummen für pseudowissenschaftliche Studien u. „Expertisen“ aus, welche belegen sollen, dass es entweder gar keine globale Erwärmung gäbe o. dass die aktuelle globale Erwärmung nur o. zum Großteil natürliche Ursachen hätte.
In vergangenen Jahrzehnten finanzierten Tabakkonzerne Studien, die belegen sollten, dass Rauchen nicht gesundheitsschädlich sei. Mittlerweile nehmen wissenschaftliche Zeitschriften keine Studien mehr an, die von Tabakkonzernen bzw. deren Lobby finanziert wurden.
Pestizidhersteller gaben u. geben immer noch Studien in Auftrag, die belegen sollen, dass ihre Produkte nicht o. nur sehr wenig gesundheits- u. umweltschädlich seien. Es gab auch Fälle, wo eine Firma selbst Studien durchführte, dabei auf negative Folgen stieß u. dann die Ergebnisse nicht veröffentlichte, sondern unter Verschluss hielt (ein Beispiel dafür ist die Firma Monsanto, welche die Wirkungen von Glyphosat untersuchte u. die Folgen der Verfütterung von gentechnisch verändertem Mais an Tiere untersuchte. Erst nach einem Gerichtsbeschluss mussten die Studien Monsantos veröffentlicht werden, dabei kam heraus, dass negative gesundheitliche Folgen zum Teil schon vor Jahrzehnten bekannt waren).

Ähnliche Vorgänge gibt es in Deutschland aber auch.

Ein aktuelles Beispiel ist die Stellungnahme des Lungenarztes Dieter Köhler, welche die Grenzwerte für Stickoxide (NOx) u. Feinstaub in Zweifel ziehen sollte. 112 Wissenschaftler*innen unterschrieben diese Stellungnahme. Dort wurde einfach frech behauptet, es gäbe „keine wissenschaftliche Begründung für die aktuellen Grenzwerte für Feinstaub und NOx“. In E-Mails an deutsche Medien bezeichnete Köhler den wissenschaftlichen Konsens, dass Luftverschmutzung nennenswerte negative gesundheitliche Folgen hat, als „Fake News“.

Von vielen deutschen Medien wurde (zunächst) ignoriert, dass die Stellungnahme von Köhler tausenden von wissenschaftlichen Studien widerspricht. Sie ignorierten auch, dass Köhlers Stellungnahme weder von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch von der übergroßen Mehrheit der deutschen Mediziner*innen (allein die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie hat über 4000 Mitglieder) unterstützt wurde u. wird.
Den allermeisten Medien fiel auch nicht auf, dass Köhler sich in der Stellungnahme mehrfach verrechnet hatte, darunter waren auch grobe Rechenfehler. Peinlich für die anderen 111 Fachleute ist, dass vor dem Unterschreiben niemandem Köhlers Rechenfehler aufgefallen sind. Oder haben sie Köhlers Text etwa nur unterschrieben, aber gar nicht gelesen?

Die Presseleute hätten nur mal etwas mehr recherchieren müssen, um herauszufinden, dass die Behauptungen den wissenschaftlichen Fakten widersprechen u. um herauszufinden, dass viele der Unterzeichnenden von Köhlers Stellungnahme keine unabhängigen Wissenschaftler*innen sind:
Z. B. war Ingenieurwissenschaftler Thomas Koch lange Zeit für die Automobilindustrie tätig, u. a. entwickelte er Motoren für Daimler.
Matthias Klingner ist Leiter des Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- u. Infrastruktursysteme, dessen Projekte durch Millionensummen von Automobilkonzernen gefördert werden.

Es ist daher wahrscheinlich, dass Köhlers Stellungnahme von einem/mehreren Automobilkonzern/-en bzw. deren Lobbyorganisationen gefördert wurde.

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